Dr. Segerer in Aktion
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Mi, 06.02.2019
Rettet die Bienen! Damit retten wir uns selbst
Ort: JUL Ganztagscafé in Mühlhausen

„Rettet die Bienen! – Rettet die Arten! – Rettet die Lebensräume! – Damit retten wir uns selbst.“ Mit dieser Zusammenfassung beendete Dr. Andreas Segerer, Oberkonservator an der Zoologischen Staatssammlung in München seinen sehr fundierten Vortrag im Café JUL in Mühlhausen über das Insektensterben nicht nur in Bayern. Seit über 100 Jahren ist der Rückgang der Arten weltweit nachgewiesen und wird seitdem von Wissenschaftlern öffentlich angeprangert, weil mit dem Artensterben auch die Lebensgrundlagen der Menschen vernichtet werden. Bereits 1849 beklagte der Ornithologe J.F. Naumann das „Ausroden wilder Gehölze, Feldhecken und abgesonderter Waldtheile“ als Ursache für die Vernichtung wichtiger Lebensräume. „Insekten sind systemrelevant, sie haben einen wirtschaftlichen Nutzen von 153 Milliarden Euro im Jahr“, erläuterte der Schmetterlingsforscher Dr. Segerer und drückte sein Befremden darüber aus, dass diese Tatsache vom Gesetzgeber weitestgehend ignoriert werde. Insekten bestäuben nicht nur Pflanzen, sie recyceln auch Biomasse (tote Tiere, Tierkot)  und dienen anderen Arten als Nahrungsquelle. In seinem Vortrag stellte er unser Ökosystem als komplizierte Verflechtung vieler unterschiedlicher Zusammenhänge dar. Diese für uns Menschen lebensnotwendige „Hängematte“ werde durch den zunehmenden Verlust von Arten immer instabiler. Als Ursachen für das Insektensterben nannte er die Vernichtung bzw. Nutzungsänderung von Lebensräumen, die Verinselung von Restflächen (Habitatfragmentierung), die Überdüngung mit reaktiven Stickstoffverbindungen und die überregionale Vergiftung mit Pestiziden. Lebensräume verschwinden durch Umwandlung in Wohn-, Gewerbe- und Industriegebiete, den Straßenbau oder landwirtschaftliche Monostrukturen aus Mais und Raps. Der Klimawandel werde zwar mittlerweile als „Umweltproblem“ in allen Medien thematisiert, nicht jedoch die fatalen Folgen des übermäßigen Stickstoffeintrags in unsere Böden.

In der anschließenden Aussprache appellierte ein Sprecher vom Naturschutzprojekt Juradistl an die Zuhörer, regionale Produkte einzukaufen. Der Landesvorsitzende des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter Manfred Gilch bemängelte am Volksbegehren die Vorschriften zur Bewirtschaftung von Grünlandflächen, forderte aber insgesamt eine andere Agrarpolitik. Der Kreisvorsitzende des BUND Naturschutz Dr.Josef Guttenberger, Vertreter des LBV, der Imker, der ÖDP und der Freien Wähler aber bekräftigten die Notwendigkeit, dieses Volksbegehren zu unterstützen, um ein Signal zu setzen, damit der erschreckende Verlust der Arten und ihrer Lebensräume endlich auch vom Gesetzgeber ernst genommen wird. Dr. Segerer ergänzte seinen Vortrag am Ende mit dem Zusatz: „Rettet die Bienen – und die Bauern!“ und forderte die Unterstützung bäuerlicher Familienbetriebe, die bei der derzeitigen globalen Industrialisierung der Landwirtschaft in ihrer Existenz bedroht sind.